Die Petzower Ziegeleien

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Die Produktion von Ziegeln aus dem in der Gegend vorkommenden Ton war vor allem vom 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts das bestimmende wirtschaftliche Element in der Gegend in und um Glindow herum. Hunderte von Ziegelstreichern, Hilfsarbeitern, Tagelöhnern verdingten sich unter schwierigsten Arbeitsbedingungen, ständig dem „Wechsel von Nasskälte und Glühofenhitze“ (Th. Fontane) ausgesetzt in den Tonbrüchen und Ziegeleien. Von großer Bedeutung war die Erfindung des Hoffmannschen Ringofens, dessen Betrieb einen hohen Produktionsausstoß und qualitativ höherwertige Ziegel als die bisher hergestellten ermöglichte. So war man, wie auch andere Ziegeleien rings um Berlin herum, gewappnet, den rasant gestiegenen Bedarf an Ziegeln in der Hauptstadt und in Potsdam zu befriedigen.

Hoffmannscher Ringofen (Ziegeleimuseum Glindow)


Während seiner Wanderungen durch die Mark Brandenburg kam Theodor Fontane mitten hinein in die Ziegelindustrie in Glindow. Der Nachbarort von Petzow war seinerzeit größter Ziegelproduzent des Landstriches, nach dem Boom der Gründerjahre jedoch schon auf absteigendem Ast befindlich. In amüsanter Weise beschreibt Fontane dem unbedarften Leser einen Ringofen: „Denken wir uns also eine gewöhnliche runde Torte, aus der wir das Mittel- oder Nussstück herausgeschnitten und durch eine schlanke Weinflasche ersetzt haben, so haben wir das getreue Abbild eines Ringofens. Denken wir uns dazu die Torte in zwölf gleich große Stücke zerschnitten; so haben wir auch die Einrichtung des Ofens: sein Zwölfkammersystem. Die in der Mitte aufragende Weinflasche ist natürlich der Schornstein.“


Zum Nachdenken regt er an anderer Stelle an: „Der Fabrikschornstein mag alles sein, nur ein Verschönerungsmittel ist er nicht, am wenigsten wenn er schön tut, wenn er möchte. Und wie dieser reiche Betrieb, der unbestreitbar trotz Stillstände und Rückschläge ein sich steigerndes Prosperieren einzelner oder selbst vieler geschaffen hat, die Landschaft nicht schmückt, so schmückt er auch nicht die Dörfer, in denen er sich niedergelassen hat. Er nimmt ihnen ihren eigentlichen Charakter, in richtigem unsentimentalen Verstande ihre Unschuld und gibt ihnen ein Element, dessen Abwesenheit bisher, und wenn sie noch so arm waren, ihr Zauber und ihre Zierde war, – er gibt ihnen ein Proletariat. Ob dasselbe städtisch oder dörfisch auftritt, ob es mehr verbittert oder mehr elend ist, sind Unterschiede, die an dem Traurigen der Erscheinung nicht viel zu ändern vermögen...“


Und so „...schieben sich doch überall in das alt-dörfliche Leben die Bilder eines allermodernsten frondiensthaften Industrialismus hinein, und die schönen alten Bäume, die mit ihren mächtigen Kronen so vieles malerisch zu überschatten und zu verdecken verstehen, sie mühen sich hier umsonst, diesen trübseligen Anblick dem Auge zu entziehen.“


Treffender kann man Umweltbedingungen und soziale Umstände kaum schildern. Denn die rasch steigende Produktion war Segen und zugleich Totengräber des jahrhundertealten Ziegeleiwesens. Der Ringofen vernichtete Arbeitsplätze und verdarb die Preise. Die Tonvorkommen wurden gnadenlos ausgebeutet, Mondlandschaften entstanden, in der Hohezeit qualmten fünfzig Schornsteine in der Glindower Gegend. Die reichen „Ziegellords“ wurden noch reicher, die Armen ärmer. Dann war alles zu Ende. Die Häuser in Berlin und Potsdam waren gebaut, die Tonvorkommen erschöpft, eine Nachfrage nach Ziegelsteinen gab es nicht mehr. Der Ziegelmarkt war zusammengebrochen.Interessante Einblicke zeigt in einer ausgezeichneten Ausstellung das kleine Ziegeleimuseum in Glindow. Einer der in dessen unmittelbarer Nachbarschaft stehende Hoffmannschen Ringöfen wird noch heute betrieben und die Ziegel werden wie vor 150 Jahren im Handstrichverfahren individuell gefertigt. Der Ton dazu kommt aber aus anderen Gegenden. 


In Petzow gab es im Laufe der Zeit drei Ziegeleien: eine an der Löcknitz (Richtung Ferch), eine an der Grellbucht und eine an der Schwielowseestraße in Höhe der Villa Berglas. Alle drei existieren nicht mehr. Einige stumme Zeugen sind noch vorhanden, so z.B. vier zum Teil gut erhaltene, aber zunehmend vom Wildwuchs überwuchernde Tonmühlen („Tonschneider“) an der Fercher Straße in Richtung Ferch kurz dem Abzweig zur Löcknitz.


Heimatverein Petzow, Havel, Werder, Kirche, Ziegel, Landschaft, Urkunde, Hilfsarbeiten, Tageslohn Pachtkontrakt der Kaehnes 1734-1740 für die Ziegelei Grelle (BLHA Rep.2 Nr.11518)















Die Ziegelei an der Grellbucht

Die Ziegelei an der Grellbucht wurde zwischen 1716 und 1721 als Königliche Ziegelei errichtet und zunächst durch den Ziegelmeister Andreas Friederich gegen 200 Taler oder 60.000 Ziegel auf 12 Jahre verpachtet. 1734 übernahm Peter Kaehne III. (1698-1741) auf sechs Jahre in Pacht die Ziegelei. Später pachtete sie bis 1776 Familie Zelter, von da erst Peter Kaehne IV. (1720-1796), dann August Kaehne (1751-1814) bis letzterer sie im Jahre 1800 kaufte und das Anwesen bis 1945 im Familienbesitz blieb. Die Produktion von Ziegeln erfolgte noch bis in das frühe 20. Jahrhundert. Auf einer Karte von 1919 sieht man einen Ringofen, sieben Trockenschuppen und einige Nebengebäude. Zeitzeugenberichten zufolge wurden die Ziegeleigebäude nach 1945 abgerissen und aus den daraus zurückgewonnenen Steinen Gehöfte für Neubauern gebaut.


Die Ziegelei in der Löcknitz

Der Bau einer Ziegelei in der Löcknitz wird um 1752/53 erstmalig in Akten des Amtes Lehnin erwähnt. Gutsbesitzer Peter Kaehne (1720-1796) sicherte sie sich alsbald als Privatziegelei mit allen Rechten, stand sie doch auf seinem Lande. Betrieben wurde die Ziegelei bis etwa in die 1920er Jahre. Der letzte Gutsbesitzer, Karl von Kaehne IV. vermietete in den 1940ern einige Gebäude an die Filmgesellschaft UFA, um dort Requisiten zu deponieren, für die es in Potsdam angesichts anglo-amerikanischer Bombenangriffe zu gefährlich zu sein schien. Darunter befand sich auch Material der bekannten Schauspielerin Adele Sandrock. Im Jahr 1944 wurde durch einen Brand, der durch spielende Kinder ausgelöst wurde, ein Großteil der Sachen aus diesem Depot vernichtet.

Löcknitz-Ziegelei (BLHA Rep 37 Petzow Karten 1A)


Die Ziegelei in der Schwielowseestraße

Für die Ziegelei Stendel/Speichert/Müntmann an der heutigen Schwielowseestrasse (etwa in Höhe der heutigen Nr. 90) weist ein Urmesstischblatt von 1839 namentlich eine „Petzower Z[ie]g[e]l[ei].“ aus. Es gibt zwei Brennöfen, 1867 auf einem Messtischblatt einen Ringofen und sieben Trockenschuppen. Die Ziegelei ist zunächst Eigentum der Handelsgesellschaft von Ludwig Stendel, später von H.Speichert. Als Pächter tritt Arthur Müntmann auf, weshalb zuweilen von „Müntmannscher Ziegelei“ gesprochen wird. Ab 1919 ist die Ziegelei auf den Messtischblättern nicht mehr vorhanden.


Vgl.: Petzow.Relativ absolut.


Für die Forschungen zu den Petzower Ziegeleien wird Frau Barbara Czycholl, Werder (Havel) gedankt.



 
 
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