Carl Friedrich Zelter (1758-1832) __________ |
Der berühmte preußische Musikpädagoge und Komponist Carl Friedrich Zelter verbrachte in Petzow Kinder- und Jugendjahre.
Zu Zelters Geburtsort gab es schon früh die Ansicht, er wäre in Petzow geboren. Hier nämlich stieß Theodor Fontane bei seinen „Wanderungen durch die Mark“ zunächst auf ein unansehnliches, ungepflegtes Haus und machte dann aber eine erstaunliche Entdeckung:
„Ein alter knorriger Birnbaum, der ziemlich unwirsch aussah, legte sein Gezweig nach links hin auf das niedrige Hausdach, nach rechts hin über ein Konglomerat unsagbarer Örtlichkeiten: Verschläge, Ställe... Ein unpoetischer, selbst ein unmalerischer Ort ! Aber aus dem Weinlaub hervorschimmerte eine weiße Tafel mit der Inschrift: ‚Zelter ward hier geboren am XI Dec. MDCCLVIII‘ “.
Fontane ist, wie man heute weiß, einem Irrtum aufgesessen. Zelter verbrachte zwar einen Teil seiner Kindheit in Petzow, weil sein Vater hier eine Ziegelei betrieb, geboren war er allerdings in Berlin, genauer gesagt in der Münzgasse Nr. 1. Auch in der Gegenwart kann man sich mancherorts nicht von diesem Irrtum lösen, wie ein Blick ins Internet nur allzu leicht offenbart.
Die, von wem auch immer, in die öffentliche Diskussion gebrachte und 1855 in der „Berlinischen Musikzeitung“ veröffentlichte Ansicht, dass die am Petzower Haus angebrachte Tafel auch der Wahrheit entspräche konnte von vielen Zelter-Biographen unterdessen widerlegt werden, weil sie historisch nicht haltbar ist. Zelters Geburtsort ist Berlin.
Dem Sohn eines Maurers und wohlhabenden Bauunternehmers war nicht gerade zwangsläufig der Weg vorgegeben, einmal eine der angesehensten und bedeutendsten deutschen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts zu werden.
Erst einmal lernte der junge Carl Friedrich ab 1774 selbst Maurer, wurde 1777 Geselle, 1783 Meister und übernahm nach dem Tode des Vaters 1787 dessen Geschäft. Gewissermaßen parallel dazu entwickelte er sich unter großem persönlichen Einsatz künstlerisch: ab 1774 hatte er Geigenunterricht und nahm später Kompositionsunterricht bei Singakademiepräsident Carl Friedrich Christian Fasch, über den er dann auch den Weg zur Berliner Singakademie fand.
Der Berliner Singakademie, der er seit 1791 angehörte, verlieh Carl Friedrich Zelter zahlreiche Impulse und nach dem Tode seines Lehrers und Förderers Carl Friedrich Christian Fasch übernahm er im Jahre 1800 selbst deren Leitung als Präsident.
Ein bleibendes Verdienst hat sich Zelter mit der Gründung der ersten Berliner Liedertafel 1809, die die Entwicklung Männergesangswesens entscheidend beeinflusst hat und gewissermaßen der Vorläufer der Männergesangsvereine in einer neuen Qualität war, erworben.
Seine Bemühungen um die Organisation des preußischen und mittelbar des ganzen deutschen Musikwesens des 19. Jahrhunderts sind ebenso imponierend wie erfolgreich gewesen. So konnte er die Gründung von Instituten für Kirchen- und Schulmusik in Berlin, Breslau und Königsberg erreichen, reiste als Fachberater und Inspizient der öffentlichen Musikpflege durch ganz Preußen und wirkte bei der Vorbereitung des Choralbuches für Schulen (1821) mit.
Neben der Singakademie leitete er das Institut für Kirchenmusik und das Musikseminar an der Universität, die Freitagsmusiken, einen Studentenchor und eben die Liedertafel. Seine musikalische Arbeit umfasste das Komponieren von Sinfonien, Kantaten, Motetten, Chormusiken, Liedern („Es war ein König in Thule“, nach dem Goethe-Text). Bis zu seinem Lebensende unterrichtete Zelter eine große Zahl persönlicher Schüler, darunter auch Felix Mendelssohn Bartholdy.
Berühmt wurde seine 1799 angebahnte und seit 1812 im Du geführte Freundschaft mit Goethe, die Hunderte von Briefen beider hervorbrachte und dem er vierzehnmal persönlich begegnete. Goethe sagte einmal über Zelter: „Er ist wie ein Wein von vortrefflichem Jahrgang, der mit jeder Olympiade besser wird. Einige Stunden des Tags mit ihm sind mir die größte Erquickung.“
Carl Friedrich Zelter starb am 15. Mai 1832 in Berlin, wenige Wochen nach Johann Wolfgang von Goethe und es wird behauptet, ihn habe mit dem Tod seines Freundes auch seine eigene Lebenskraft verlassen. Auf dem Sophienkirchhof in Berlin ist Zelter begraben.
Das Andenken an Zelter in Deutschland wird besonders durch die Liedertafeln, die Männerchöre und Männergesangsvereine geehrt. In Deutschland erinnerte die Berliner Liedertafel bereits ab 1909 mit der Stiftung einer Ehrenplakette an den großen Zelter, ab 1930 wurde die Plakette von staatlicher Stelle gestiftet. 1936 hatte NS-Propagandaminister Goebbels die Verleihung der Zelter-Plakette an sich gezogen, der Repräsentationshang des Nationalsozialismus indes entwertete aber zugleich die Ehrenbezeugung an Zelter. 1939 stellte man die Vergabe ganz ein. Am 7. August 1956 unterschrieb der erste Bundespräsident, Theodor Heuss, einen neuen Stiftungserlass für eine heute in Deutschland bei Chören begehrte und beliebte Auszeichnung.
Die Erinnerung an Carl Friedrich Zelter wird in Petzow, wo er, wie er selbst schilderte, „unbekümmerte Kinder- und Jugendjahre“ verbrachte, auf besondere Weise wach gehalten. Die ehemalige Dorfstraße zwischen Kirche und Schloss, die frühere Schloßstraße, heißt seit einem Beschluss der Werderaner Stadtverordnetenversammlung vom 28. August 1951 Zelterstraße, selbst wenn hier nicht das „Zelterhaus“ stand, das Haus in dem Zelter mit seinen Eltern einmal wohnte. Das stand am Ende des Dorfes in Richtung Bliesendorf (heutige Straße Zum Lindentor) und ist schon lange verschwunden, nachdem es seinen Todesstoß durch das Einlagern von Düngemitteln zu DDR-Zeiten erhielt. Am 23. März 1972 beschloss die Stadt Werder den Abriss des Hauses.
Seit 2012 gibt es ein Denkmal in der Straße Zum Lindentor an der Stelle des ehemaligen Zelterhauses, hier ist auch eine Kopie von der originalen Tafel zu sehen. Bereits vier Jahre vorher, zum 250. Geburtstag Zelters, wurde durch den Heimatverein Petzow eine Erinnerungstafel am Straßenschild der Zelterstraße angebracht.
Der Geist seiner Zeit, der Zelter mit vielen später ebenso berühmten Deutschen wie Schinkel, der ihm die neue Singakademie erbaute, Goethe, den Preußenkönigen Friedrich Wilhelm III. und IV. oder Christian Daniel Rauch, der von ihm 1825 eine Marmorbüste schuf, zusammenbrachte, ist vielleicht eine der Wurzeln des geflügelten Wortes vom Volk der Dichter und Denker.
Carl Friedrich Zelter hat dazu ganz bedeutend beigetragen.