Die Schinkelkirche ______________ |
Die Entstehungsgeschichte der Petzower Dorfkirche auf dem Grelleberg entbehrt gewiss nicht einer gewissen tragischen Komik und lässt Parallelen in der heutigen Zeit nur allzu deutlich erkennen. Fast nämlich wäre der von Schinkel eingebrachte Entwurf am offenbar alles beherrschenden Sparsamkeitsprinzip in Preußen gescheitert und uns wäre der einzigartig charakteristische Anblick dieses Kleinodes niemals vergönnt gewesen. Doch die Rangeleien zwischen der Oberbaudeputation Schinkels und dem Vorschlag des Königlichen Zaucheschen Baurates Redtel, der Einsparungen sowohl der Apsis, der Bogenhalle zwischen Turm und Schiff sowie materialseitig des Turmes vorsieht, haben letztendlich zum Ergebnis, dass sich der Schinkelsche Entwurf durchsetzt. Nicht zuletzt, weil das Kirchlein es dem preußischen Kronprinzen und späteren König angetan hat und er sich vehement sowohl für sein Aussehen als auch für seinen Standort einbringt.
„Die Idee, die Dorfkirche auf dem Grellberg errichten zu lassen, verdanken wir dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm…Es entstand ein graziles Bauwerk, das selbst Blickfang ist und zugleich einen herrlichen Rundblick bietet“, schreibt der verdienstvolle Kirchenhistoriker und Orgelsachverständige Andreas Kitschke anlässlich der Einweihung der neuen Kirchenorgel im Juni 2011.
Die Kirche auf dem Grelleberg in Petzow ist bereits die zweite, die man in dem kleinen Ort baute. Sie ersetzte die alte Fachwerkkirche, die unweit des Herrenhauses im Park stand und anfangs des 19. Jahrhunderts schon stark beschädigt war.
Einen nicht unwesentlichen Anteil am Kirchenbau hat Petzows Gutsbesitzer Carl Friedrich August von Kaehne. Er verblüfft mit kühlem Kalkül und entspannt die finanzielle Seite der Angelegenheit auf seine Weise. Kaehne, zweifacher Ziegeleibesitzer an den beiden Petzower Standorten Grelle und Löcknitz, bietet Ziegel, Klinker, Kalk und Mauersand zum Selbstkostenpreis für den Bau an.
Zur Grundsteinlegung am 4. Oktober 1840 sind die Fundamente bereits fertig gestellt. Am 19. August 1841 beginnt die Bauausführung und am 30. Oktober 1842, dem 23. Sonntag nach Trinitatis, hält Bischof Daniel Neander in Anwesenheit des Königspaares die Kirchweihe.
Schinkel lebt da schon nicht mehr. Seine Petzower Kirche, ein schlichtes und filigranes Meisterwerk, führen andere zu Ende. Der König setzt dabei auf seinen Hofarchitekten Ludwig Persius, der seinerseits seinem Mitarbeiter, dem Baukondukteur Gustav Emil Prüfer die örtliche Bauleitung übergibt, während von Seiten der Potsdamer Regierung der Regierungs- und Baurat Carl Redtel verantwortlich zeichnet. Für eine oftmals genannte Mitwirkung August Stülers, Schinkel-Schüler und dessen Nachfolger in der preußischen Oberbaudeputation, findet sich allerdings in den reichlich überlieferten preußischen Bauakten kein Hinweis, so Kirchenhistoriker Andreas Kitschke.
Die alte Fachwerkkirche stand noch bis 1842 im Park und wurde dann abgerissen. An ihrer Stelle errichtete im Jahre 1856 der Potsdamer Steinmetzmeister Knopff ein Kreuz aus Pirnaer Sandstein. Gemäß einer Kabinettsorder von König Friedrich Wilhelm IV. sollten an Plätzen, an denen früher einmal eine Kirche stand, Kreuze errichtet werden um den Ort vor "Profanation" zu schützen.
Ein paar Jahrzehnte später wird Theodor Fontane bei seinen „Wanderungen durch die Mark“ auch nach Petzow kommen und eine ausführliche Beschreibung seiner Eindrücke hinterlassen.
Für die Petzower Kirche findet er erst einmal wenig charmante Worte. Eine "taube Nuss" ist sie nach seiner Auffassung, da in ihr nichts historisch Übernommenes seinen Platz fand. Wie halt in so vielen Kirchenneubauten dieser Zeit: „…das halbverblasste Freskobild, die Inschrifttafel, der Grabstein mit der Plattenrüstung, – ihnen hätte man auch in dem Neubau ein Plätzchen gönnen können...“.
Und er macht an diesem aus seiner Sicht bedauernswerten Umstand die zeitgenössischen Architekten fest. Sie wären schließlich unter den Künstlern die Pietätslosesten, schnaubt er. Doch dann wird der Meister schnell versöhnlich: „Aber so leer und kahl sie ist, und so verstimmend diese Kahlheit wirkt, so gewiss ist es doch auch, dass man im Hinaustreten auf das Flachdach des Turmes diese Verstimmung plötzlich und wie auf Zauberschlag von sich abfallen fühlt. Sie geht unter in dem Panorama, das sich hier bietet. Die ‚Grelle‘, eine tiefe Flussbucht, liegt uns zu Füßen; unmittelbar neben ihr der Glindower See. Die Havel und der Schwielow, durch Landzungen und Verschiebungen in zahlreiche blaue Flächen zerschnitten, tauchen in der Nähe und Ferne auf und dehnen sich bis an den Horizont, wo sie mit dem Blau des Himmels zusammenfließen. Dazwischen Kirchen, Dörfer, Brücken, – alles, nach zwei Seiten hin, umrahmt von den Höhenzügen des Havellandes und der Zauche. Das Ganze ein Landschaftsbild im großen Stil; nicht von relativer Schönheit, sondern absolut. Man darf hier getrost hinaustreten, ohne sich des Vergleichssinnes zu entschlagen.“
Letzterem ist sicher zuzustimmen. Hingegen wird Fontanes „verstimmende Kahlheit“ von heutigen Besuchern eher als wohltuend schlicht wahrgenommen.
Seit den 1980er Jahren ist die Kirche entwidmet und unter Obhut des Landkreises Potsdam-Mittelmark/vormals Potsdam-Land zu einem sehenswerten und beliebten Kulturstandort entwickelt worden. Interessante Ausstellungen sind hier über das Jahr zu sehen. Natürlich finden auch viele Konzerte, z.B. das beliebte, traditionelle Silvesterkonzert, statt. Durch ein modernes Ausstellungssystem samt Beleuchtung und eine transportable Bühne sind vielfältige Möglichkeiten dafür gegeben. Eine moderne Wandheizung ermöglicht eine flexible Nutzung auch während der kalten Jahreszeit.
Von großer Beliebtheit sind Eheschließungen und Taufen, die Kirche ist auch Außenstelle des Standesamtes Werder (Havel). Seit ihrer Wiedereröffnung im Oktober 1994 haben sich schon fast 1.500 Paare hier das Ja – Wort gegeben (Stand 2023).
Öffnungszeiten:
April bis Oktober: Sa/So 11:00 bis 18:00 Uhr. Februar, März, Nov.: Sa/So 12:00 bis 16:00 Uhr.
Anfragen:
Konzerte und Ausstellungen
Heiraten in der Petzower Kirche
Kulturreferentin: Tel.: 033841-91442, 0170-4442051
E-Mail: Kultur@Potsdam-Mittelmark.de
Stadt Werder (Havel) - Standesamt